Daniel Grüttner, geboren am 13.12.1979 in Rotenburg an der Wümme, studierte zunächst von 2000 bis 2002 Humanmedizin an der Universität Leipzig.
Danach wechselte er zum Studium an die Kunstakademie Düsseldorf, wo er schließlich Meisterschüler von Prof. Siegfried Anzinger wurde.
2005 begann seine Ausstellungstätigkeit. Es folgte 2008 der Umzug nach Berlin, wo Grüttner heute lebt und arbeitet.
Seit 2009 ist er Artist in Residence der Stiftung Starke in Berlin.
Mit dem Zitat „…und immer fehlt mir etwas, und das quält mich“ ist eine Ausstellung des Künstlers von 2010 in Köln überschrieben, das viel aussagt über das künstlerische Schaffen Daniel Grüttners; es ist beinahe ein Kernsatz seiner künstlerischen Existenz und persönlichen Berechtigung artifiziellen Schaffens.
Die Verletzbarkeit durch ein mögliches Scheitern während des Arbeitsprozesses ist für ihn immens. Trotz seiner schnellen Arbeitsweise muß er sich seiner ureigenen künstlerischen Sprache stets versichern.
Früher hatte Grüttner jegliche Korrektur vermieden, während er sie heute als Zeichen künstlerischen Reifungsprozesses zulässt. Deshalb wird auch ein relativ dünner Auftrag der Farben gewählt, wodurch Brüche in der Arbeit durchaus erkennbar bleiben sollen.
Das zeichnerische Element dient als Ausgang für die Malerei. In seinen Bildern sind Morphologien von Skelettteilen – ein Sediment seines Studiums der Medizin – unverkennbar. Sie dienen dem Künstler als Ausgangssegmente, schaffen einen gerahmten Raum, in dem sich scheinbar wie Knorpelelemente Füllungen aufbauen, die hernach mit größeren Farbflächen in Magenta, Grau oder bräunlichen Tönen voneinander getrennt aufgebaut werden.
Für den Künstler bedeutet diese Arbeitsweise ein stetes Hineingehen in den Raum sowie Herausgehen wieder in die Fläche zurück. Die Bilder wirken wie eingeschlossene oder umschlossene Organstrukturen, die sich malerisch in der Balance halten, gleichsam als ein Dialog zwischen dem weiblichen und dem männlichen.
Dabei kommt es für ihn unerwartet und nicht vorher berechnet zu überraschenden Freiheiten, die wiederum neue Möglichkeiten eröffnen, bei denen er seine Malergrammatik anwendet. Grüttner spricht von „Behauptungen und Setzungen“ seiner Malerei, von einer Kunst ohne Beipackzettel, wo Künstler und Betrachter ihr Sehen neu definieren und deklinieren können.
Titelgebungen wie „Das Organ“ oder „Poisen Heart“ spiegeln sich auch in den feinkeramischen Arbeiten Daniel Grüttners wider, die auf den ersten Blick wie Vasen zu wirken scheinen. Zur Arbeitsweise gehört zunächst das schichtweise Aufbauen und Modellieren der Wandungen, dem der sogenannte Roh- oder Schrühbrand folgt, der den getrockneten Formkörper in ein hartes wasserfestes Produkt überführt. Dem ersten künstlerischen Prozeß plastischer Formgebung schließt sich der zweite mit farblicher Gestaltung an. Die Glasuren reichen von farbig, transparent bis hin zu opak, sie wirken in der Oberfläche je nach dem glänzend, halbmatt oder auch matt. Erst der letzte anschließende Brennprozeß führt zu einem dauerhafteren Objekt.
Alle Skulpturen der Ausstellung entstammen diesem Jahr. Formen aus der Keramik tauchen in den Bildern Grüttners wieder auf und umgekehrt. Der Betrachter kann auf der modellierten Oberfläche Kompartimente seiner Bilder en miniature erkennen. Darüber hinaus wirken die skulpturalen Gefäße wie überdimensionierte menschliche Organe. Manche haben die Form eines großen Herzes, dessen Öffnung nach oben wie eine Hauptschlagader wirkt.
Man möchte das Herz in die Hand nehmen, die Form und Farbigkeit allumsichtig erfassen – „eine Kunst, die Menschen mag“, wie der Künstler es formuliert.
Michael Wessing
Zusammen mit: Frieder Schellhase
Daniel Grüttner • Poisen Heart