Peter Henning wurde 1947 in Neumünster geboren.
Von 1969 bis 1978 absolvierte er eine Ausbildung zum Vermessungstechniker. Es folgten verschiedene kaufmännische Tätigkeiten. Nach längerer Erkrankung nimmt er 1981 ein freies Studium der Malerei und Kunstgeschichte auf.
In den folgenden drei Jahren ist Henning als Dozent für Kunst in der Justizvollzugsanstalt Neumünster tätig. Als Mitglied des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) wird er in den nächsten Jahren häufig Ausstellungen vornehmlich in Itzehoe, Lübeck, Schleswig-Holstein, Berlin, Kiel und Hamburg ausrichten. Peter Henning lebt und arbeitet in Neumünster.
In einem Katalog aus dem Jahr 2012, der zu seinem 65. Geburtstag in Neumünster erschienen ist, schreibt Peter Henning über seinen Mikrokosmos: „Jeden Tag sterben, auferstehen – sterben, wie die freie Kreatur, die ihren Ursprung stets hinter sich und vor sich hat. Arche-Typen als Symbole für alles Gewesene und Kommende. Stilisierende symbolische Zeichen, die auf menschliche, tierische und pflanzliche Formen zurückgehen...Figuren und Zeichen, ein Raum wird meist unterteilt in Bodenformation und Himmel – oder Unterwelt und Oberwelt, Gut und Böse.“
In dieser Beschreibung steckt eine für Henning wichtige und aussagekräftige Begrifflichkeit: Arche-Typen. Im altgriechischen bedeutet „arché“ Beginn, Anfang und „typos“ soviel wie Vorbild oder Skizze. Diese Wortkombination steht für menschliche Vorstellungsmuster, die als Urbilder im kollektiven Unbewußten angesiedelt sind. Nach der Analytischen Psychologie, die von dem Schweizer Psychiater C.G. Jung (1875 – 1961) entwickelt wurde, sollen viele der Archetypen auf Ur-Erfahrungen der Menschheit wie Geburt, Kindheit oder Tod beruhen.
Nach Jung ist ein solcher Archetyp an sich unanschaulich, eben unbewußt, ist aber in seiner Wirkung auf die menschliche Psyche in symbolischen Bildern erfahrbar. Dieses „Bildmaterial“ kann sich etwa in Träumen, Visionen, Mythen oder künstlerischen Erzeugnissen manifestieren.
Für die analytische Psychologie gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Archetypen, die in vier Katagorien erfaßt sind, aber es gibt eine unbegrenzte Zahl von archetypischen Bildern, die als Symbole erscheinen.
Bei Peter Henning sind es bildgewaltige und -füllende Kopffüßler, die mit großen aufgerissenen Augen den Betrachter anschauen und ihn in ihren Bann ziehen. Sie tragen Titel wie „Seelendienstmann“, „Feuervogel“, „Der Tag wird gut“, „Gefräßig“, „Selbsterkennung“, „Zurück zum Ursprung“, „Lichtstrahlfigur“ oder „Flucht vor dem Dämon“, und umreißen damit Seelenlage und -gefüge des Künstlers. Manchmal wird der Titel auch dem Bild direkt „eingeschrieben“. Schriftzüge wie „Traumbild“ oder „Seelentag“ signalisieren dem Betrachter, wohin die analytische Erfassung seiner Bildinhalte führen könnte.
Mit großem gestischen Schwung und vielschichtiger Farbpalette vollzieht die Figuration in Hennings Bildern eine Form von Grenzüberschreitung aus dem verschollenen Ich, wodurch Unsichtbares sichtbar gemacht werden soll. Ängste und Nöte, die Furcht einflößende Seite der Physis der menschlichen Seele spricht zum Betrachter. Und in der Reflexion fragt dieser sich, ob es Bilder inszinierter Rituale sind oder doch eine Form der Selbstbefragung darstellt.
Assoziativ erkennen wir vielleicht eigene unbewußte Grundstrukturen, die uns berühren oder beunruhigen, in uns ein Beziehungsgeflecht mehrdeutiger Gebilde auslösen. Hierin liegt der visuelle Reiz der Bilder von Peter Henning, der dazu schreibt: „Ich atme die grüne Schwermut, friere im Maienlicht. Meine Gedanken zwischen Grau und Grün. Und schwarze Vögel stürzen in den Teich...Wir torkeln durch den Nebel und hoffen auf einen neuen Tag.“
Michael Wessing
Zusammen mit: Annette Zumkley
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